D1G1TAL anthropophagy x ALGØRITHMIC cannibalism
A LECTURE-PERFORMANCE IN TWO ACTS OR MORE
Vanessa Ramos-Velasquez
Vanessa Ramos-Velasquez untersucht den latenten Drang zum Verschlingen, der in Menschen und ihren/unseren Schöpfungen steckt. „Anthropophagie” und „Kannibalismus” werden oft synonym verwendet, um den Verzehr eines anderen Menschen zu beschreiben, aber die beiden Begriffe werden in der brasilianischen Avantgarde-Bewegung Antropofagia von Oswald de Andrades Manifesto Antropófago (1928) unterschieden, die sowohl die brasilianische Kolonialgeschichte als auch europäische Kulturimporte verschlingt, um eine einzigartige Philosophie hervorzubringen. Indigene Kulturen spielten eine bedeutende Rolle als Inspiration für die Moderne, aber in der darauf folgenden Industrialisierung wurde ihre kulturelle Bedeutung als „Hindernis“ für importierte, unpassende Entwicklungsmodelle angesehen. Diese Lecture-Performance übt daher Kritik aus einer dekolonialen Perspektive und diskutiert neuere Formen der Kolonialisierung: im Cyberspace, von digitaler Anthropophagie bis hin zu extremen Formen algorithmischer Macht und Handlungsfähigkeit. Algorithmischer Kannibalismus wird mehr als eine Metapher, eingebettet in einen kannibalistischen Kapitalismus, der die Natur verschlingt, einschließlich der Menschen. Die Performance-Vorlesung reflektiert somit westlich geprägte monokulturelle Denkweisen, denen es an Schwarmintelligenz mangelt, um angemessen zu reagieren, während die Frage bleibt: Wer frisst wen?